Wissen wir was Würde ist?

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 1, Abs. 1)

Der Würde des Menschen gilt der erste Artikel in unserem Grundgesetz. Bei aktuellen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung frage ich mich allerdings, ob mein Verständnis von Menschenwürde mit dem der zuständigen Politiker übereinstimmt. So sieht z. B. ein neuer Gesetzentwurf vor, dass wir alle zu potenziellen Organspendern werden, sollten wir nicht aktiv Einspruch dagegen erheben.

Eine solche Regelung stellt meines Erachtens einen Eingriff des Staates in die Selbstbestimmung seiner BürgerInnen dar, der dazu geeignet ist, die persönliche Würde eines Menschen empfindlich zu verletzen.

Für mich besteht kein Zweifel daran, dass derjenige, der über meinen Körper bestimmt, meine Würde antastet. Zur unantastbaren Würde des Menschen gehört nach meinem Verständnis sowohl das Recht, mein Leben zu beenden, wenn ich es nicht mehr lebenswert finde, als auch das Recht, über die weitere Verwertung meiner Organe zu bestimmen. Und diese Würde schließt auch mit ein, zu Lebzeiten keine klare Aussage darüber zu treffen, was mit meinen Organen nach meinem Tod passieren soll. Das neue Gesetz würde uns aber genau dazu nötigen.

Im Gesundheitswesen neigen die verantwortlichen Politiker momentan dazu, Entwicklungen, die ihnen nicht schnell genug gehen, durch Zwang zu beschleunigen. So dramatisch es für Eltern ist, ihr Kind durch eine Masernerkrankung zu verlieren, so absurd ist es für mich, wenn Menschen, die angebotene Impfmöglichkeiten nicht freiwillig wahrgenommen haben, eine Impfpflicht für alle fordern. Was soll man denn Eltern sagen, die ihr Kind durch unerwünschte Nebenwirkungen einer Impfung verloren haben?

 

Menschen zu überzeugen, ihnen seriöse Informationen an die Hand zu geben und ihr Wissen zu vertiefen, das ist oft ein langer und auch mühsamer Weg. Dieser Weg darf aber nur im äußersten Notfall durch vorübergehende Zwangs- bzw. Notfallmaßnahmen abgekürzt werden. So einen Notfall für unser Land kann ich aber weder in dem einen noch dem anderen Fall erkennen. Und solange wir nicht in einer Krisensituation sind, darf die Selbstbestimmung des Individuums nicht durch staatliche Zwangsmaßnahmen eingeschränkt werden, die ein Antasten der Menschenwürde bedeuten.

 

Nicht jede Idee, die auf den ersten Blick schlüssig erscheint, führt zu einem wirksamen, nachhaltigen und menschenwürdigen Ergebnis. In den heute oft üblichen Entscheidungsprozessen vermisse ich das Moment des Innehaltens, das kluge Abwägen von Vor- und Nachteilen, das systematische Bewerten von Zusammenhängen und Wechselwirkungen. Die Welt ist nur so schnell, wie wir sie machen. In den letzten Jahrzehnten haben wir ein ziemliches Tempo vorgelegt, manchem ist dabei schwindelig geworden, und die Menschenwürde ist ein ums andere Mal auf der Strecke geblieben.

Es wird Zeit, nicht länger wie Getriebene zu agieren. Wir sollten das Innehalten wieder zu einem selbstverständlichen Moment in unseren Entscheidungsprozessen werden lassen.