Die Position der Anderen

Wer kennt das nicht: wir begegnen Menschen, die wir nicht mögen. Ihr Auftreten und ihre Rhetorik passen uns nicht. Wir können ihre Ansichten nicht teilen, und vieles von dem, was sie sagen, bringt uns gegen sie auf, erregt unseren Zorn und unseren Widerstand. Mit allen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, grenzen wir uns von diesen Menschen ab. Es ist uns peinlich, mit diesen Menschen in einem Atemzug genannt zu werden. Dem Anschein, irgendetwas mit diesen Menschen gemein zu haben, treten wir mit aller Entschiedenheit entgegen.


Nun kommt es manchmal vor, dass wir selbst mit diesen, unserem Innersten so fernen Menschen Schnittmengen entdecken. Positionen, die sich ähnlich sind, Argumente, gegen die es keine sachlichen Einwände gibt. Das sind die Momente, in denen wir Ideologie gern über Sachlichkeit stellen. Angestrengt versuchen wir, unsere Meinung so zu formulieren, dass sie in einem gänzlich anderen Licht erscheint, als die Aussage der für uns so unerträglichen Menschen. Wir stammeln und verbiegen uns. Wir werden unglaubwürdig.
So nachvollziehbar dieses Verhalten ist, so schädlich ist es auch. Man stelle sich vor, ein gravierendes Problem wird nur darum nicht gelöst, weil die schlüssigste Lösung auch von den Menschen favorisiert wird, die wir doch so leidenschaftlich ablehnen. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten für „Sabotage“: Verhinderung durch Zustimmung. Mögen die Verantwortlichen in Bund und Ländern nicht in diese Falle tappen!


Unsere Parlamente zeigen ein annähernd repräsentatives Bild der Meinungen und Bedürfnisse in unserer Gesellschaft. Jede Meinung, die verfassungskonform ist, muss formuliert werden dürfen. Und für jede Handlungsoption, die nicht unseren Grundwerten widerspricht, muss eine sachliche Bewertung der mit ihr verbundenen Chancen und Risiken möglich sein, unabhängig davon, wer diese Lösung vorgeschlagen hat. Die vorschnelle Verbannung von Personen in die eine oder andere ideologische Ecke sollten wir uns künftig häufiger verkneifen. Sie lähmt uns nur selbst und schlimmsten Falls auch wichtige Entwicklungsschritte.
Die Wiederbelebung einer Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD würde m.E. eine günstige Gelegenheit zunichtemachen. Die Gelegenheit nämlich, die Bedeutung der einzelnen Abgeordneten zu stärken und eine ganz neue Disziplin zu üben – Sachlichkeit über Ideologie zu stellen und gebotene Handlungsoptionen allein nach ihren tatsächlich vorhandenen Chancen und Risiken zu bewerten, um anschließend zu einer wohl überlegten Mehrheitsentscheidung zu kommen.


Das wäre doch mal ein lohnendes Ziel für 2018.