Die Verbotsgesellschaft

Wenn Minderjährige oder Schwangere mitfahren, dann soll das Rauchen im Auto künftig verboten sein. Eine entsprechende Forderung wollen die Bundesländer Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen unterstützt von Niedersachsen in den Bundesrat einbringen.

Ganz davon abgesehen, dass mir nicht klar ist, wie die Einhaltung  eines solchen Verbotes wirksam kontrolliert werden soll, habe ich grundsätzliche Bedenken gegen die Flut von Verboten, die seit einiger Zeit aus den "politischen Hüften geschossen" wird. Bei der Gesetzgebung ist stets abzuwägen, inwieweit es gerechtfertigt ist, persönliche Freiheiten zum Wohle der Gemeinschaft oder zum Wohle von Schutzbedürftigen einzuschränken. Es ist sicher unstrittig, dass Kinder vor der Willkür Erwachsener geschützt werden müssen. Da der Staat aktuell aber nur in extremen Ausnahmefällen die Autonomie der Erziehungsberechtigten in Frage stellt, sollte genau überlegt werden, ob es angemessen ist, durch ein solches Rauchverbot die Freiheit der Erziehungsberechtigten einzuschränken, um Kinder und ungeborenes Leben vor möglichen Gesundheitsgefährdungen zu schützen. Welche Verbote will man Eltern und werdenden Müttern in der konsequenten Fortführung dieser Abwägung künftig zusätzlich auferlegen? Rauchverbot in Kinderzimmern, Alkoholverbot in der Schwangerschaft, Geschlechtsverkehr ab dem vierten Monat der Schwangerschaft bis zur Entbindung?

Wer Auto fährt, der hat zunächst einmal eine Verantwortung für andere Verkehrsteilnehmer. Alles, was die Konzentration des Fahrers auf den laufenden Verkehr signifikant stört, sollte unterbunden werden. Dazu kann auch das Rauchen gehören, vielleicht sogar das Rauchen von Mitfahrenden. Dieser Aspekt spielt bei der Bundesratsinitiative der genannten Bundesländer allerdings keine Rolle. Daher sind an sie andere Maßstäbe anzulegen, als würde es um die Verbesserung der allgemeinen Verkehrssicherheit gehen.

Wenn uns Verhaltensweisen anderer nicht passen, wir Dinge als störend empfinden oder glauben, unsere Meinung zu bestimmten Sachverhalten sei die einzig schlüssige, dann rufen wir recht schnell nach Verboten. Gefühlt sind diese Rufe in den letzten Jahren lauter geworden. Schon heute ist die Fülle von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien unübersichtlich und sehr wahrscheinlich auch widersprüchlich. Das hindert unsere Parlamentarier aber nicht daran, immer neue Gesetzesvorhaben auf den Weg zu bringen. Viele davon entspringen m. E. ideologisierten Vorstellungen von besseren Menschen in einer besseren Welt. Dadurch riskieren wir es, uns zu einer Verbotsgesellschaft zu entwickeln, in der wenige viele bevormunden. Diese Entwicklung widerspricht meiner Vorstellung von einer Gesellschaft aus freien, verantwortungsbewussten Menschen, die sich mit ihren individuellen Ideen und Lebensentwürfen gegenseitig befruchten und bereichern. Es wäre schön, wenn unsere Gesetzgebung wieder mehr von Sachlichkeit als von Idealismus bestimmt und die Konsequenzen neuer Regeln intensiver bewertet würden. Wir benötigen nicht mehr Gesetze sondern bessere. Solche, die unsere individuelle Freiheit nicht willkürlich einschränken sondern uns dabei helfen, friedlich, verantwortungsvoll und in gegenseitigem Respekt miteinander zu leben und unser Zukunft zu gestalten.