1 | Einleitung

Insbesondere drei Begebenheiten der letzten zehn Jahre haben offenbart, dass wir nicht in der Lage oder nicht willens sind, gravierende Risiken für Deutschland und Europa in ausreichender Weise durch vorbeugende Maßnahmen zu minimieren:

  • der stetige Strom flüchtender Menschen nach Europa,
  • die Corona-Pandemie und
  • der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Fahrlässig haben wir auch das Potenzial von Wetterereignissen, die zu katastrophalen Auswirkungen wie im Ahrtal führen können, unterschätzt oder ignoriert.

Die Regierenden in unserem Land scheinen eine Politik zu verfolgen, die durch Ideologie einerseits und durch parteipolitische Interessen andererseits bestimmt wird. Die systematische Analyse und Bewertung von real existierenden Risiken gehört offenbar nicht zum verpflichtenden Handwerkszeug moderner „Politik-Manager“.

Die Bürgerinnen und Bürger ihrerseits verfolgen mehrheitlich private Interessen und betrachten die Regierenden wahlweise als politische Dienstleister oder lästige Verbotsinstanz. Ein breites Selbstverständnis dafür, dass persönliche Freiheit auf Dauer nicht ohne Eigenverantwortung und gesellschaftliche Mitverantwortung zu haben ist, kann ich nicht erkennen.

Es stellen sich wiederkehrende Fragen. Fragen, die weder von den vielstimmig vorgetragenen Erklärungen in den diversen Medien noch von meinen eigenen Überlegungen überzeugend beantwortet werden. Gern würde ich darauf vertrauen, dass die politischen Entscheider Lösungen kennen und wirksame Maßnahmen veranlassen. Aber dieses Vertrauen stellt sich nicht ein. Der Eindruck, dass in den letzten Jahrzehnten zwar viel gemacht, aber wenig erreicht wurde, bestimmt mein Denken. Die aktuellen Politik-Manager wirken überfordert. Insgesamt macht die aktuelle Regierungsarbeit einen unprofessionellen Eindruck auf mich.

Was ist von den politischen Entscheidungen dieser Tage zu halten? Sind beispielsweise die beschlossenen Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Klimas dazu geeignet, die angestrebten Ziele zu erreichen? Ist es richtig, dass Deutschland nahezu im Alleingang seine Kernkraftwerke abgeschaltet hat? Können Menschen aus anderen Ländern, die bei uns Zuflucht suchen, tatsächlich unseren Fachkräftemangel beseitigen? Werden unsere Staatsfinanzen wirksam eingesetzt oder verschwendet? Gibt es in unserem Land Schattengesellschaften, die das friedliche Miteinander gefährden? Gibt es sogar Kräfte, die eine ernstzunehmende Bedrohung für unsere Demokratie darstellen? Wie stellt sich das Verhältnis zu partnerschaftlich verbundenen Staaten dar, wenn es nicht diplomatisch „schöngeredet“ wird? Werden wir offen und umfassend über die innen- und außenpolitischen Entwicklungen in Kenntnis gesetzt? Betrachten wir unsere Grundrechte noch mehrheitlich als die Werte, die uns verbinden, die unsere Gesellschaft tragen und die wir gemeinschaftlich schützen wollen, oder zeichnen sich gesellschaftliche Gräben ab, die immer tiefer werden?

Wie ist der Gesamtzustand unseres Gemeinwesens Deutschland? Den würde ich gern beurteilen können. Und ich würde gern die Chancen und die Risiken bewerten können, die sich aus diesem Gesamtzustand und den voraussichtlichen Entwicklungen in unserem Umfeld ergeben werden.

Die Daten und Fakten, die eine Bewertung des Gesamtzustandes unseres Gemeinwesens möglich machen, sollten vorhanden sein. Zweifel habe ich, ob eine systematische und transparente Bewertung von den Regierungsverantwortlichen und den politischen Parteien begrüßt und ernsthaft gefördert wird. Die Schlüsse, die aus einer objektiven Bewertung des Gesamtzustandes zu ziehen wären, könnten politischen Absichten zuwiderlaufen. Es könnten sich Maßnahmen als notwendig erweisen, die von der einen oder anderen politischen Kraft nicht erwünscht sind, und es könnten sich politische Entscheidungen als unwirksam oder gar schädlich für das Gemeinwesen herausstellen, die bereits getroffen wurden.

Die Bürgerinnen und Bürger sollten als Souverän des Staates allerdings eine verständliche, objektive und im Umfang angemessene Bewertung des Gesamtzustandes ihres Gemeinwesens einfordern und sie sollten darauf bestehen, dass aus dieser Bewertung die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtlage abgeleitet und umgesetzt werden. Nur so ließe sich verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und die, meines Erachtens, größer gewordene Kluft zwischen Regierenden und Regierten schließen. Ohne Vertrauen und ein ehrliches Wir-Gefühl werden wir die zukünftigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen nicht bewältigen können.

Es gibt Modelle, mit denen sozioökonomische Systeme, zu denen ich unser Gemeinwesen zähle, analysiert, bewertet und verbessert werden können. In erster Linie werden solche Modelle von Wirtschaftsunternehmen und Institutionen angewendet, die eine kontinuierliche Entwicklung und einen nachhaltigen Erfolg ihrer Organisation anstreben. Besonders das EFQM-Modell 2020 der European Foundation for Quality Management halte ich für geeignet, auch die Struktur und die Wirkweise eines Gemeinwesens abzubilden, um Methoden zur Bewertung und zur Verbesserung der Systemeigenschaften implementieren zu können.

 

In den nachfolgenden Kapiteln adaptiere ich das EFQM-Modell 2020 für das Gemeinwesen Deutschland. Ich erläutere, wie es zur systematischen Gesamtbewertung unseres Landes beitragen kann, und gebe Hinweise dazu, wie ich mir eine Umsetzung in die politische Praxis vorstelle.